Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt.: Unterschied zwischen den Versionen

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In den kommenden Jahren wird unmittelbar am Rand des oberflächlich sichtbaren Pfahlfeldes ein Rohrstrang der Ringkanalleitung verlegt. In diesem Bereich ist das Pfahlfeld vom Schotterkegel eines nicht mehr existenten Baches überschüttet und wurde daher von der Vermessung nicht erfaßt. Die Verlegung des Rohrstranges und die damit verbundenen Unterwasserbaggerungen führen unweigerlich zur Zerstörung eines bisher geschützten und ungestörten Siedlungsbereiches. Auch bei diesem Eingriff ist mit Spätfolgen in Form von Abschwemmungen zu rechnen.
 
In den kommenden Jahren wird unmittelbar am Rand des oberflächlich sichtbaren Pfahlfeldes ein Rohrstrang der Ringkanalleitung verlegt. In diesem Bereich ist das Pfahlfeld vom Schotterkegel eines nicht mehr existenten Baches überschüttet und wurde daher von der Vermessung nicht erfaßt. Die Verlegung des Rohrstranges und die damit verbundenen Unterwasserbaggerungen führen unweigerlich zur Zerstörung eines bisher geschützten und ungestörten Siedlungsbereiches. Auch bei diesem Eingriff ist mit Spätfolgen in Form von Abschwemmungen zu rechnen.
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===Traunsee===
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Die Siedlungen des Traunsees wurden bisher kaum näher untersucht. Eine im Ausflußbereich festgestellte Siedlung muß als weitestgehend ausgeschwemmt und damit zerstört angesehen werden. Eine weitere Siedlung soll sich im Bereich des Schlosses Orth bzw. des Seebades befinden. Trotz mehrmaliger intensiver Absuche wurde die Siedlung bisher nicht gefunden. Möglicherweise wurde sie beim Bau des Seebades zerstört. Definitive Aussagen zur Situation am unteren Ende des Traunsees können aber erst nach Abschluß einer gezielten Bestandsaufnahme getroffen werden.
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Nach Berichten aus Sporttaucherkreisen befindet sich südlich von Altmünster eine bisher unbekannte Pfahlbausiedlung. Auch diesen Meldungen konnte aus Zeit- und Personalmangel nicht nachgegangen werden, obwohl gerüchteweise verlautete, daß „die Siedlung aufgeräumt werden soll, bevor das Bundesdenkmalamt sie entdeckt und das Tauchen verbietet“.
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====Traunkirchen====
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Die Siedlung wurde von Sporttauchern entdeckt. Neben anderen Funden wurde ein vollständiges hallstattzeitliches Gefäß nach Deutschland verbracht. Der ufernahe Bereich der Siedlung wurde aufgeschüttet und mit einer Steinmole überbaut. Die gesamte Siedlung ist von Geröll überlagert, im Uferbereich werden durch Wellenschlag Keramikfragmente freigespült. Aus einer kleinflächigen, durch einen aufgelaufenen Dampfer verursachte Störung wurden Artefakte geborgen. Eine nähere Untersuchung der Siedlung war bisher nicht möglich. Der Fundplatz von Traunkirchen repräsentiert die bisher einzige hallstattzeitliche Seeufersiedlung Österreichs.
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===Wolfgangsee===
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Auch für den Wolfgangsee liegen von Sporttauchern Meldungen über Siedlungsplätze, vor allem im Ausflußbereich, vor. Eine Überprüfung dieser Meldungen und nähere Untersuchungen waren bisher nicht möglich.
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===Fuschlsee===
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Nach einem Bericht von M. Much liegt an der Westseite des Fuschler Schloßhügels eine von Menschenhand errichtete, kreisrunde Insel mit etwa 50 m Durchmesser, die durch einen schmalen Kanal vom Land getrennt ist. Der Boden der Insel besteht aus Ästen von Nadelholzbäumen, die mit den feinen Zweigen nach einwärts gekehrt, aufeinanderliegen. Die nach auswärts gekehrten Enden der Äste sind durch ringsum eingeschlagene Pfähle verbunden und gefestigt. Dieser Packwerkbau wurde im Rahmen der Bestandsaufnahme nach langer Suche wiederentdeckt und vermessen. Während M. Much noch vermerkte, daß die Oberfläche der Insel beim Anschwellen des Sees überflutet wird, ist die Anlage heute fast völlig verlandet und der sie vom Ufer trennende Kanal nur mehr durch eine Feuchtzone kenntlich. Die Insel selbst trägt bereits einen ausgewachsenen Baumbestand. Durch den Verlandungsprozeß und den Bewuchs der Inseloberfläche tritt ein Humusierungsvorgang ein, der unweigerlich zur Zerstörung der Insel führt. Die Ursachen liegen möglicherweise in einer Seespiegelabsenkung, aber auch in Planien im Landbereich.
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Der Fuschler Packwerkbau ist sowohl von seiner Bausubstanz her wie auch in der Zeitstellung (VRI-579 Fuschlsee 1/76 =  1430±90 = 520 AC) einzigartig in Österreich.
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===Hafnersee===
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Die Siedlung im Hafnersee wurde durch Taucher des Bundesdenkmalamtes entdeckt. Weitere Untersuchungen waren bisher nicht möglich. Der Fundplatz war nach verläßlichen Berichten in den vergangenen Jahren Plünderungen durch Sporttaucher ausgesetzt.
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===Keutschacher See===
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Die einige Inselsiedlung Österreichs im Keutschacher See wurde 1951/52 von G. Mossler vermessen und in der Folge unter Denkmalschutz gestellt. 1974 wurde die Siedlung von einer Tauchergruppe des Bundesdenkmalamtes kontrolliert und in gutem Zustand vorgefunden. In der Zwischenzeit haben Sporttaucher die Siedlung vollständig ausgeplündert und zerstört. Die Kulturschicht ist fast vollständig abgetragen. Die meisten noch sichtbaren Pfahlrelikte stammen von einem mittelalterlichen Bauwerk. Nach einer Mitteilung eines Mitarbeiters des Limnologischen Institutes in Mondsee ist auch die Sedimentstratigraphie teilweise bis einen Meter Tiefe völlig gestört.
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Außerhalb der Insel wurden aus größerer Tiefe noch einige wenige Funde aus einer ehemaligen Hangrutschung geborgen.
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===Zusammenfassung der Zerstörungen (je Siedlung)===
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[[Datei: Erhaltungszustand der Pfahlbausiedlungen.jpeg|thumb|270px| Erhaltungszustand der Pfahlbausiedlungen]]
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Als ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung des Zustandes einer Feuchtbodensiedlung wurde der Erhaltungszustand der Kulturschicht herangezogen. Mit der Zerstörung der Kulturschicht gehen auch die eingelagerten, wesentlichen Konstruktionselemente einer Feuchtbodensiedlung – Grundschwellen und Unterzüge – verloren.
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Zur größtmöglichen Schonung und Erhaltung der Unterwasserdenkmale werden von der Abteilung für Bodendenkmale des BDA nur Umrissvermessungen und Oberflächendokumentationen vorgenommen. Hinweise auf Störungen durch Raubtaucher oder Dampfschiffe wurden erst durch die konsequente Durchführung der Bestandsaufnahme durch den UTC-Wels möglich.
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Bisher wurden in den österreichischen Seen 29 prähistorische und historische Objekte lokalisiert. Seewalchen I und II und Kammer I werden vorbehaltlich der Ergebnisse der noch durchzuführenden Umrissvermessungen als drei gesonderte Siedlungen geführt. Litzlberg Nord III ist noch fraglich und wurde in diese Aufstellung nicht aufgenommen.
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Von diesen 29 Siedlungen müssen 9 als zerstört oder schwer beeinträchtigt gelten: Seewalchen I und II und Kammer I, Litzlberg, Unterbuchberg, Attersee im Attersee; Gmunden Ausfluss und Seebad Gmunden im Traunsee; die Inselsiedlung Keutschacher See in Kärnten.
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12 Siedlungen sind in Teilbereichen bereits beeinträchtigt: Seewalchen III, Aufham, Abtsdorf II und II, Misling I und II, Weyregg I im Attersee; See, Scharfling und Mooswinkel im Mondsee; Traunkirchen im Traunsee und der Fuschler Packwerkbau.
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Nur 8 Siedlungen sind verhältnismäßig ungestört: Im Attersee Litzlberg Nord I und II, Litzlberg Süd, Aufham II, Abtsdorf I, Nußdorf, Weyregg II; in Kärnten die Siedlung im Hafnersee.
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Die Erforschung der Feuchtbodensiedlungen in Österreich steht in den Anfängen. Einwandfreie wissenschaftliche Ergebnisse können nur künftige Trockenlegungen größerer Siedlungsareale erbringen. Diese Methode wird in der Schweiz und in Frankreich seit Jahren mit Erfolg angewandt. Jedoch nicht jede Siedlung ist durch ihre Lage im See für eine Trockenlegung geeignet. Die Auswahl an ungestörten Objekten ist bereits jetzt auf eine geringe Zahl verhältnismäßig kleiner Siedlungen beschränkt. Werden in Zukunft nicht alle Möglichkeiten zur Erhaltung dieser erstrangigen Kulturdenkmale ausgeschöpft, ist ihr vollständiger Verlust für die Forschung nur eine Frage der Zeit (Abb. 19).
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==Die Ursachen und Wirkungen der Zerstörungen==
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Die Pfahlbauten haben die natürlichen Einwirkungen über 5ooo Jahre überdauert. Grloßflächige Ausschwemmungen sind meist die direkte oder indirekte Folge menschlichen Eingreifens in den Strömungsmechanismus der Seen. Das erfordert ständige Kontrollen. Erosion und Aufschüttungen im Uferbereich, Bacheinmündungen und Strömungen im Ausflussbereich der Seen können Teile von Siedlungen mit mächtigen Steinlagen überschütten.
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Die ehemaligen Seeufer mit Bäumen und Schilfgürteln verhinderte die Bodenerosion und die Wucht der Wellen wurde am Ufer sanft gebrochen und eine Abrasion des Untergrundes verhindert. Auwald und Schilfgürtel sind großteils verschwunden. Molen, Aufschüttungen und Bade- und Bootsstege tragen zur Vernichtung dieser Bestände bei. Ausgedehnte Reste von Schilfgürteln wurden von den Tauchern im Bereich Litzlberg, Dickaumühle, Aufham, Abtsdorf und Nußdorf festgestellt. Zwischen diesem Schilfsterben und dem beschleunigten Abbau von Deck- und Kulturschichten besteht ein direkter Zusammenhang. Das Fehlen der Schilfzone äußert sich in einer raschen Aushöhlung und Erosion der Uferkante, verbunden mit einer Abrasion der ufernahen Kulturschichten der Siedlungen. In der Folge wird der Bau von Molen zum Schutz der Ufer notwendig.
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Die konzentrierte Wirkung von Anlegestellen der Schifffahrt auf die Abrasion ist bekannt. Weitere Einwirkungen sind Baggerungen und Bojen sowie der Tauchsport.
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==Die Schutzmaßnahmen==
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===Unmittelbare Einwirkungen===
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Baggerungen und Plünderungen können durch das Denkmalschutzgesetz und Tauchverbotszonen verhindert werden.
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===Mittelbare Einwirkungen===
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Diese beziehen sich auf Eingriffe im Nahbereich der Siedlungen wie Schleusenanlagen, Schiffsverkehr, Ringkanalleitungen, Baggerungen und Uferverbauungen. Sie können aber durch das Denkmalschutzgesetz nicht direkt verhindert werden, sondern müssen durch andere Regelungen in den Griff bekommen werden.
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==Offenbergers Resümee und Forderungen==
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Die österreichische Unterwasserdenkmalpflege lebt vom persönlichen Engagement einer kleinen Gruppe von Sporttauchern. Die technische Ausrüstung ist fast zur Gänze Privateigentum oder wurde im „Eigenbau“ hergestellt. Dieser „Pionierphase“ dauert nun schon über fünfzehn Jahre an.
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Auch die Mitarbeit naturwissenschaftlicher Disziplinen – ein „Muß“ bei der Untersuchung von Feuchtbodensiedlungen – konnte bisher keine gesicherte Basis gefunden werden, obwohl erstmals acht Wissenschaftler verschiedenster Forschungszweige an den Untersuchungen teilhaben.
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Die bisherigen Erfolge, die Lokalisierung und kartographische Aufnahme einer großen Zahl von urgeschichtlichen Fundplätzen, von römischen über mittelalterliche bis frühneuzeitliche Objekte darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß nur ein Bruchteil der Unterwasserkulturgüter Österreichs bisher erfaßt wurde und daß der beschleunigten Zerstörung dieser Objekte damit noch lange nicht Einhalt geboten ist.
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'''''In den an Denkmalen reichen Gewässern Österreichs kann auf Dauer nicht sinnvoll Denkmalpflege betrieben werden, ohne der Unterwasserarchäologie ihren festen Platz innerhalb der Denkmalpflege zuzuweisen,''''' wie dies die schweizerische, deutsche, französische und polnische Denkmalpflege in der Binnengewässerarchäologie seit Jahren praktiziert. Im benachbarten Ausland werden '''''Millionenbeträge in die Erhaltung und Erforschung von Unterwasserkulturgütern investiert.''''' Die lakonische Feststellung einer '''''Landesinstitution,''''' „daß die Tauchgrabungen im oberösterreichischen Seengebiet einmal beendet werden müssen, da kaum mehr entscheidende neue Erkenntnisse zu erwarten sind“, beleuchtet schlaglichtartig die Situation in Österreich.
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Die Feuchtbodensiedlungen Österreichs haben fast fünf Jahrtausende am Seeboden unbeschadet überstanden. Die Veränderung der Umwelt als Folge technischen Fortschritts, Unwissenheit und Sammelleidenschaft haben diese wertvollsten urgeschichtlichen Denkmale binnen eines Jahrhunderts der völligen Zerstörung nahegebracht. Gelingt es nicht, '''''weitere Zerstörungen zu verhindern,''''' sind die meisten der Unterwasserkulturgüter innerhalb der nächsten Jahrzehnte '''''für die Forschung verloren.'''''

Aktuelle Version vom 4. Juli 2024, 21:18 Uhr

Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt.

Offenberger 1986, Johann: Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt. Archäologia Austriaca 70, 1986:205–226.
Exzerpt im wissenschaftlichen Sinn gem. § 42 f (1) Z 1 u. 3 UrhG

Einleitung

Offenberger hebt die archäologischen Qualitäten der Pfahlbaustationen mittels Zitat von Sacken weit über jene anderer archäologischer Funde: „Bei dem Umstande, daß sich unsere Kenntnis der Zustände der ältesten Bevölkerung Mitteleuropas fast ausschließlich auf die Überreste, welche durch Funde zu Tage gefördert werden, gründet, verdient diese Entdeckung umso größere Beachtung, als die Auffindung der alten Wohnsitze mit ihren zahlreichen Artefakten, Resten der Wohnungen und Nahrungsmittel ein vollständigeres Bild der gesamten Lebensweise, der gewerblichen Tätigkeit, der Handelsverbindungen, kurz der Kulturstufe darstellt, als selbst die sonst so lehrreichen Gräberfunde.“ Kürzer und treffender ist die Bedeutung dieser Siedlungen nicht darzustellen.

Die Kulturschicht birgt eine Fülle von Funden, unter denen Beilschäftungen, Holzgefäße, Gewebe-, Schnur- und Netzfragmente, Speisereste und Früchte bis hin zu vollständig erhaltenen Blättern und Samen einzigartige Aussagen ermöglichen. Die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Disziplinen wie Palynologie, Zoologie, Paläobotanik, Petrographie und Sedimentologie in die Untersuchung der Siedlungen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung des Beziehungsgefüges zwischen Umwelt und Menschen, der vegetations- und siedlungsgeschichtlichen Entwicklung des Salzkammergutes über einen Zeitraum von 3000 v. Chr. bis in die frühe Völkerwanderungszeit.

Die optimalen Erhaltungsbedingungen unter Wasser haben ein Zustandsbild konserviert, das bei aller technischen und wissenschaftlichen Akribie bei Landgrabungen nie erarbeitet werden kann.

Die Bestandsaufnahme

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren im Mondsee, Attersee und Traunsee eine Zahl von Siedlungen bekannt, der Lage jedoch nie kartographisch erfaßt worden war. Der Forschungsstand war unübersichtlich und verwirrend. Alle Vermessungsversuche scheiterten an untauglichen Mitteln. Die Anzahl der Siedlungen ist bis heute umstritten. Die gebräuchlichen Untersuchungsmethoden, meist Baggerungen von Booten aus, wurden in der Folge schlicht als „Raubbau mit der Baggerschaufel“ verurteilt.

Im Jahre 1969 erreichten das Bundesdenkmalamt Meldungen über Plünderungen von Pfahlbausiedlungen durch Sporttaucher. 1970 begann daher die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes mit eigenen Untersuchungen im Sinne einer systematischen Bestandsaufnahme aller historischen Objekte im Unterwasserbereich.

Das Ziel der Untersuchungen des Bundesdenkmalamtes ist in erster Linie die Erhaltung und der Schutz des Unterwasserkulturerbes, sowie die Dokumentation gefährdeter Siedlungen ohne wesentliche Eingriffe in den Siedlungsbestand. Die Erforschung der Siedlungen soll künftigen Projekten – Ausgrabungen in trockengelegten Bereichen – vorbehalten bleiben. Die Oberflächendokumentationen halten nicht nur den derzeitigen Bestand fest, sie liefern Entscheidungsgrundlagen für spätere Forschungen. Die konsequente und systematische Arbeit der vergangenen fünfzehn Jahre führte zu außerordentlichen Erfolgen. Im Mondsee wurde in der Bucht von Mooswinkel ein bisher unbekannter Pfahlbau entdeckt. Wieder aufgefunden wurde die als ausgebaggert gegoltene Siedlung von Scharfling.

Seit 1976 führt ein oberösterreichischer Tauchklub, der UTC Wels, in selbständiger Arbeit die Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes in den Salzkammergutseen durch. Die erzielten Ergebnisse sind einmalig in der Binnenwasserarchäologie Mitteleuropas. (Abtsdorf II und III, Aufham II, Nußdorf, Litzlberg, Litzlberg Nord I und II und Kammer), eine mittelbronzezeitliche Siedlung (Abtsdorf I), eine römische Hafenanlage (Weyregg), eine Siedlung der römischen Kaiserzeit (Unterbuchberg), mittelalterliche Pfahlsetzungen um Schloß Litzlberg (11. Jh. n. Chr.) und ein Blockbau des 17. Jhs. Im Irrsee wurden entdeckt. Eine verschollene neolithische Siedlung im Attersee (Litzlberg Süd) wurde wieder aufgefunden. Von den nunmehr bekannten 21 Siedlungen im Attersee wurden erst 13 kartographisch erfaßt und im Umriß vermessen.

Die vorliegende Zusammenfassung der Ergebnisse aus fünfzehn Jahren Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes durch die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes beweist den bewundernswerten Einsatzwillen österreichischer Sporttaucher als Träger dieses Unternehmens. Einzigartig sind auch die von diesen freiwilligen Mitarbeitern erzielten Ergebnisse. Das Resumee fünfzehnjähriger Tätigkeit müßte zu Hochstimmung Anlaß geben, würden die Untersuchungen nicht gleichzeitig das erschreckende Ausmaß an Zerstörungen dokumentieren.

Die Zerstörungen

Die Bestandsaufnahme der Unterwasserkulturgüter hat bisher nur einen Teil der archäologischen und historischen Hoffnungsgebiete erfaßt. Eine umfassende Aufnahme der Siedlungsrelikte in den österreichischen Seen wird noch Jahrzehnte andauern. In der Erforschung der Seeufersiedlungen wurden erste Grundlagen erarbeitet und ein Anfang gesetzt. Die durchgeführten Untersuchungen erlauben aber bereits eine kritische Beurteilung des derzeitigen Zustandes der Siedlungen, der Ursachen, die diesem Zustand zugrunde liegen und der ungewöhnlichen und schwierigen Probleme, vor die die Bodendenkmalpflege gestellt ist.

Attersee

Das Westufer des Attersees wurde bis zum Ausfluß fast zur Gänze abgesucht. Eine nähere Untersuchung der Siedlungen im Ausflußbereich und eine Umrißvermessung stehen noch aus. Am Ostufer des Attersees wurde nur eine Siedlung in der Bucht von Kammer (Kammer II) und die Siedlung Weyregg I im Umriß vermessen.

Kammer II

Anlässlich des Segelboothafens wurde gesucht und führt 1980 zur Entdeckung einer kleinen neolithischen Siedlung; Kulturschicht sind vollständig ausgeschwemmt. Die Siedlung wird in Kürze völlig zerstört sein. Eine pfahlgerechte Vermessung sollte frühestmöglich erfolgen, um Hausgrundrisse zu erarbeiten.

Kammer I und Seewalchen I und II

Diese erstrecken sich vom Ostufer vor dem Schloß Kammer über den Ausflußbereich und entlang des Ortes Seewalchen. Der Forschungsstand ist derzeit unübersichtlich. Genauere Untersuchungen im Rahmen der Bestandaufnahme werden klären, ob Kammer I und Seewalchen I und II einem einheitlichen Siedlungskomplex angehören. Der Nachweis oder das Fehlen einer Verbauung des heutigen Abflussbereiches wird wesentlich zur Klärung der Wasserstandsverhältnisse in neolithischer Zeit beitragen.

Es gibt starke Ausschwemmungen der Kulturschichten. Am Ostufer (Kammer I) stehen die Badegäste in nur 1,5 m Wassertiefe auf den freiliegenden Substruktionen der Siedlung. Es gibt eine Ringkanalleitung; die Ufer beidseits des Ausflusses wurden aufgeschüttet, mit Kaimauern versehen und dabei die landseitigen Siedlungsbereiche zerstört. Die Siedlungen sind in ihrem gesamten Bereich schwer beeinträchtigt.

Seewalchen III

Im Siedlungsbereich ist der Boden mit Sand, Schotter und vielen, teilweise großen Steinen bedeckt. Dazwischen ragen wenige, kaum erkennbare Pfähle hervor. Viele de Pfähle sind zerdrückt oder zerbrochen. Unter den Steinen sind nur noch Spuren einer Kulturschicht zu erkennen. An Stellen, an denen die Kulturschicht deutlicher zu erkennen ist, ist sie zerdrückt und durch die Steine aus ihrer ursprünglichen Lage in die Seekreide eingedrückt worden. Die Ursachen dieser Zerstörungen sind nicht eindeutig geklärt. Die der Kulturschicht auflagernde Steinschicht spricht für eine Ausschwemmung der Siedlung. Der ursprüngliche Bestand ist weitestgehend beeinträchtigt.

Litzlberg Nord I–III

Die Siedlungen Litzlberg Nord I und II liegen teilweise bis zu 0,6 m unter der Seekreide und sind ungestört. Die Situation der Siedlung Litzlberg Nord III zwischen der Insel Litzlberg und dem halbinselförmig vorspringenden Ufer ist noch ungeklärt. Unter einer Steinpackung wurden mehrere abrollierte neolithische Keramikfragmente gefunden. Pfahlsetzungen in diesem Bereich sind aber anscheinend mittelalterlich bis neuzeitlich. In unmittelbarer Nähe der Fundstelle befindet sich ein Jachthafen und etwas nördlich der Siedlung wurde ein Rohrstrang der Ringkanalleitung verlegt. Der gesamte Bereich bedarf noch einer eingehenden Überprüfung. Sollte hier eine Siedlung bestanden haben, ist sie vermutlich vollständig zerstört.

Litzlberg

Ein kleinflächiger Rest der Siedlung liegt unter dem Nordufer der Insel Litzlberg. Unter einer 0,1 m mächtigen Sand- und Schotterschicht sind auf einer Fläche von etwa 25 Quadratmetern 15 bis 20 Pfähle verborgen. Die Siedlung wurde beim Ausbau des Inselschlosses fast vollständig überschüttet und damit größtenteils zerstört.

Litzlberg Süd

Der gesamte Siedlungsbereich ist von Seekreide überlagert. Das Seekreidestratum ist im Uferbereich schwach ausgebildet, nimmt aber seeseitig bis zu 0,7 m zu. Der westliche, dem Ufer nächstgelegene Siedlungsbereich ist mit Geröll bedeckt, zwischen dem verdeckt einige Pfähle stehen. Im Osten der Siedlung lagert etwas Geröll, vermengt mit hartem Sand über etwa 0,05 m Seekreide. Seeseitig liegen in und über der Kulturschicht Schotter und große Steine. Die Siedlung ist dem Anschein nach verhältnismäßig ungestört. Im uferseitigen Bereich, besonders im Westen, beweisen Geröll- und Sandauflagerungen das Einsetzen von Abschwemmungen.

Unterbuchberg

Die Siedlung kann nur durch organisches Material bestimmt werden, es wurden keine Artefakte gefunden. Pfähle wurden nur vereinzelt festgestellt. Es gibt Balken mit bis zu 0,4 m Breite. Radiokarbondaten ergeben 100 v. Chr. und 500 n. Chr. Falls es ein Packwerkbau war, ist er zerstört.

Attersee

Vermutlich ist die halbe Breite der Siedlung durch Uferaufschüttungen und den Bau einer Kaimauer zerstört. Der Bau der Ringkanalleitung und die Atterseeschiffahrt mit ihrer Anlegestelle im Siedlungsbereich haben die Siedlung zu rund zwei Drittel zerstört. Nur im nordöstlichen Bereich der Siedlung ist noch der Rest einer ausgeprägten Kulturschicht vorhanden. Eine komplexe Untersuchung der Station Attersee ist ohne wissenschaftlichen Wert; die Siedlung ist fast vollständig zerstört.

Aufham I

Der südliche, uferseitige Teil der Siedlung ist durch eine mächtige Schotterschicht gekennzeichnet, über der viele große Steine liegen. Eine ausgeprägte Kulturschicht ist nicht mehr vorhanden. Das Ufer wurde mit einer gemauerten Mole gesichert und ein Bootshaus errichtet. Beide stehen auf neolithischem Siedlungsgebiet. Die an der Mole anlegenden Schiffe haben eine deutlich erkennbare Fahrrinne ausgeschwemmt, in der die Kulturschicht bereits fehlt.

Weiter im Norden nimmt der Schotter immer mehr zu und wird, mit Sand vermengt, zu einer harten Schicht, in der nur mehr zerdrückte Reste von Pfählen aufzufinden sind. Die Kulturschicht ist seewärts erst nach einem Drittel der Siedlungsbreite lokalisierbar. Im Norden der Siedlung reichen viele Bade- und Bootsstege in den Siedlungsbereich. Das Ufer wurde zu Beginn des 20. Jhs. Aufgeschüttet und mit einer Mole befestigt. Im gesamten Siedlungsbereich ist die seichter als 1,5 m liegende Kulturschicht ausgeschwemmt, sehr dünn oder nicht mehr vorhanden. Der Bau von Molen und Bootsstegen sowie Baggerungen im Nahbereich führen zu einer immer stärkeren Beeinträchtigung der Siedlung. Umfangreiche Baggerungen wurden in jüngster Zeit auf dem Gebiet des „Union Jachtklubs“ knapp außerhalb der Siedlung durchgeführt. Im Aushubmaterial wurde eine menschliche Schädelkalotte, nach dem anthropologischen Befund vermutlich aus urgeschichtlicher Zeit, gefunden. Dieser und der Baggerfund von Weyregg sowie der Fund einer Schädelkalotte durch einen Taucher in der Siedlung Keutschach stellen erste Hinweise dar, daß möglicherweise die Gräber der neolithischen Seeanrainer im heute unter Wasser liegenden, näheren Siedlungsbereich zu suchen sind.

Aufham II

Aufham II ist die bisher kleinste neolithisches Siedlung und anscheinend von äußeren Einwirkungen unberührt geblieben. Die Kulturschicht ist durch Auflagerungen von Seekreide und Schotter noch vollkommen intakt.

Abtsdorf I

Mit Abtsdorf I wurde erstmals eine bronzezeitliche Seeufersiedlung entdeckt. Die Anlage ist zur Gänze von Schlamm, Schotter und Seekreide überlagert. Die Schotterablagerungen dürften von einem heute nicht mehr existenten Bach herrühren. Aufgrund der Überschüttung ist die Siedlung ungestört.

Abtsdorf II

Ein großer Boots- und Badesteg führt quer über die neolithische Siedlung. Durch die vielen großen Pfähle des Steges und der Badeplattform ist dieser Teil der Siedlung teilweise gestört. Eine Kulturschicht ist nur seeseitig erhalten. Der nördlich des Holzsteges gelegene Teil der Siedlung liegt geschützt und bisher unberührt unter einer Seekreide- und Schotterschicht. Im Uferbereich liegt die die Kulturschicht frei und wird ausgeschwemmt. Im südlich des Steges gelegenen Teil des Siedlungsareals wurde die Kulturschicht bis zwei Meter Wassertiefe bereits ausgeschwemmt.

Abtsdorf III

Das gesamte Siedlungsareal wird von einer bis zu 0,8 m dicken Seekreideschicht überlagert. Eine Kulturschicht ist nur sehr spärlich vorhanden. Im Gegensatz zur Kulturschicht anderer Siedlungen besteht die Fundschicht ohne Anteil an organischem Feinmaterial aus Keramikfragmenten, Pfählen, Holzkohle, vielen kleinen Holzstückchen und Ästchen. Durch die Seekreideüberlagerung ist die Siedlung vor Störungseinflüssen geschützt. Das Fehlen von Feinanteilen in der Kulturschicht kann eine Besonderheit dieser Siedlung darstellen, aber auch auf Störungen von der Überschüttung mit Seekreide zurückzuführen sein.

Nußdorf

Die Siedlung wurde 1983 im Zuge der Bestandsaufnahme entdeckt und noch nicht näher untersucht. Sie liegt zur Gänze unter einer bis zu 0,6 m dicken Seekreideschicht und ist weitestgehend ungestört. Nur eine Bootshütte steht bereits auf neolithischem Siedlungsgrund.

Misling I

Der gesamte Bereich der Siedlung ist mit Geröll bedeckt. Näher zum Ufer nehmen Geröll und Sand an Mächtigkeit zu. Im mittleren Bereich der Siedlung steigt der Seeboden bis zum Ufer gleichmäßig an. Im Norden und Süden der Station bilden bis zu 0,8 m große Stein in 2 m Tiefe eine bis in 0,5 m Wassertiefe steil ansteigende Böschung, die die Siedlung überlagert und stört. Die Führung der Straße direkt am Ufer und der geänderte Verlauf der Uferlinie der angrenzenden Parzelle deuten darauf hin, daß die Uferzone aufgeschüttet wurde. Der uferseitige Verlauf der Siedlung ist in seiner gesamten Ausdehnung beeinträchtigt.

Misling II

Die Seeufersiedlung Misling II wurde in den Jahren 1973 bis 1976 vermessen. Die Kulturschicht innerhalb der Siedlung ist durchschnittlich nur mehr 0,1 m dick, jedoch an manchen Stellen der Siedlung nicht mehr nachweisbar. Im Uferbereich wird das Siedlungsareal von einer bis zu 0,6 m starken Schicht aus Sand und Geröll überlagert. Die Geröllschicht dürfte beim Bau der Uferstraße eingebracht worden sein. Uferaufschüttungen für Badeplätze und Steinmolen überlagern den uferseitigen Siedlungsbereich. Die Anlage ist in ihrer gesamten Ausdehnung von Ausschwemmung betroffen.

Weyregg I (Landungssteg)

Weyregg I liegt zum Großteil unter einer Sand-, Schotter- oder Seekreideschicht. Nur auf einer etwa 30 Quadratmeter großen Fläche im nördlichen Teil der Siedlung sind Pfähle oberflächlich sichtbar. Die hier festgestellte Abschwemmung ist auf den Dampferverkehr zurückzuführen, der auch vor dem Landungssteg einen rund 40 m langen und 5 m breiten Graben freigespült hat, dessen Sohle unter das neolithische Siedlungsniveau reicht. Der gesamte uferseitige Bereich der Siedlung ist durch Aufschüttungen und dem Bau von Steinmolen zerstört.

Weyregg II (Puschacher)

Die Siedlung wurde noch nicht näher untersucht. Nach alten Berichten und einem ersten Augenschein ist sie von einer mächtigen Schlammschicht bedeckt und wahrscheinlich ungestört. Nur der uferseitige Bereich könnte beim Bau der Uferstraße mit Geröll überschüttet worden sein. Quer durch die Siedlung ist die Verlegung von zwei Rohrsträngen für die Ringkanalleitung geplant. Sollte dieses Vorhaben zur Durchführung gelangen, bedeutet dies die vollständige Zerstörung der verhältnismäßig kleinen Siedlung

Mondsee

Im Mondsee sind drei jungsteinzeitliche Siedlungen bekannt. Die Station See am Ausfluß des Monbdsees ist die größte und für die „Mondseekultur2 namengebende Siedlung. Die Station Scharfling galt lange Zeit als ausgebaggert und wurde im Zuge der Bestandsaufnahme wiederentdeckt, während die Station Mooswinkel eine Neuentdeckung ist.

See

Seit 1982 wird in der Siedlung See eine Detailvermessung durchgeführt. Grund für diese Maßnahme ist die starke Abschwemmung des ehemaligen Siedlungsniveaus, die bereits etwa die Hälfte des Areals schwer in Mitleidenschaft gezogen hat. Im uferseitigen Bereich des Vermessungsfeldes sind mit Pflöcken am Boden fixierte Grundschwellen noch verhältnismäßig gut erhalten. Hier wurde ein L-förmig gebogenes Knieholz aufgefunden, das mit dem kürzeren Teilstück im Boden verankert war. Das Balkenknie befindet sich heute etwa 0,3 m über dem Seeboden, das längere Teilstück führt wieder schräg in die Kulturschicht. Das Knieholz fand vermutlich als Substruktion Verwendung, der kürzere Teil diente als Verankerung im Boden. Typisch ist die flaschenförmige Korrosion dieses Stückes im oberen Bereich. Sie beweist, daß der Balken ursprünglich eben auf dem Seeboden auflag. Erst die Abrasion des ehemaligen Siedlungsniveaus führte den heutigen Zustand herbei. Dies bedeutet aber, daß auch in dem anscheinend ungestört erhaltenen Bereich bereits mindestens 0,3 m des Siedlungsbodens abgeschwemmt wurden.

Die bisher befundeten, durch Pflöcke am Boden fixierten und dadurch einwandfrei als Substruktionen erwiesenen Balken weisen durchschnittlich eine Länge von 3–4 m auf. Nur eine einzige Grundschwelle weicht mit fast 13 m Länge von diesen Maßen ab. Dieser Balken, ein roh behauener Buchenstamm mit etwa 0,4 m Durchmesser am dickeren Ende, stellt vorerst einen Hinweis dar, daß möglicherweise einzelne Gebäude diese Längserstreckung erreicht haben könnten.

Der mittlere Teil der Siedlung ist von einem breiten, in Richtung Ausfluß verlaufenden Streifen gekennzeichnet, der frei von Substruktionen ist. Während in ungestörten Siedlungen die Pfähle meist eben mit dem Seegrund abgemorscht sind, ragen sie in diesem Bereich vereinzelt bis zu 0,7 m hoch über den Seeboden. Auch diese Pfähle zeigen die typische flaschenförmige Zuspitzung der Pfahlenden durch Korrosion.

Durch diesen Siedlungsbereich läuft der stärkste Sog des Ausflusses. Die Strömungsgeschwindigkeit des Wassers bei Seehochständen und geöffneter Schleuse am Ausflusswehr entspricht der eines Flusses. Anscheinend sind die Substruktionen bereits durch die Abrasion der Kulturschicht verlorengegangen.

Noch in situ wurden die Reste zweier Herdplatten aufgefunden. Auf der Kulturschicht und einer Steinpackung aus kleineren Kieseln war eine etwa einen Quadratmeter große und bis zu 0,05 m dicke Lehmplatte aufgebracht worden. Der graue Lehm ist an der Unterseite der Platten weich, die Oberseite ist schwarz verfärbt und hart gebrannt. Eine Rotverfärbung des gebrannten Lehms, wie sie durch heißen Brand zustande kommt, wurde bisher nicht beobachtet.

Die seeseitige Begrenzung der Siedlung liegt bei etwa 4 m Wassertiefe. In diesem seeseitigen Bereich liegen viele Stämme, meist senkrecht oder etwas schräg zum Ufer hin ausgerichtet. Auch unter diesen Balken befinden sich immer wieder eindeutig mit Pflöcken am Boden befestigte Grundschwellen. Hatte es ursprünglich den Anschein, daß am seeseitigen Rand der Siedlung eine Schicht aus Schwemmholz angelagert wurde, weist der Befund eines Suchschnittes eher darauf hin, diese Stämme zum größten Teil als Unterzüge und Grundschwellen von Gebäuden anzusprechen.

Am Rande einer Störung im mittleren Teil der Siedlung wurde seewärts ein 1,5 m breiter Suchschnitt angelegt. Erst die Grabung und das Profil des Suchschnittes zeigte das tatsächliche Ausmaß der Störung, die, an den Rändern durch die Strömung verschwemmt und damit unkenntlich, sich als weitaus erwies als ursprünglich angenommen wurden. Durch die Anlage dieser kleinflächigen Sondage sollte einerseits eine Klärung der Siedlungsstratigraphie herbeigeführt werden, andererseits die Auffindung der alten Uferlinie der Diskussion um die Höhe des Seespiegelanstieges im Mondsee eine gesicherte Grundlage geben.

Von Meter 0 bis rund 9,5 m seewärts ist das Profil des Suchschnittes durch Eingriffe von Sporttauchern weitgehend gestört. Die Kulturschicht liegt übergangslos unmittelbar auf der Seekreide auf, ist kleinflächig 0,4 bis 0,5 m dick erhalten und wurde teilweise bis auf 0,1 m abgetragen. Auf der Seekreideoberfläche, in der Kulturschicht und auf der Oberfläche der Kulturschicht wurden, auf kleinere oder auch größere Flächen verteilt, Rindenbahnen aufgefunden. Die Kulturschicht weist ein homogenes Erscheinungsbild auf. Die organischen Reste, darunter Ästchen, Zweige, Holzmulm, Holzkohle, sehr viele Holzsplitter, viele Haselnüsse, Bucheckern und vereinzelt Eicheln, zeigen eine undifferenzierte, jedoch eindeutig waagrechte Schichtung, die keinerlei Fremdeinschlüsse – Einlagerung von Sedimenten – enthält.

Die Pfähle sind sehr unterschiedlich tief in den Untergrund eingesenkt. Die Spitzen der Pfähle sind meist zweiseitig, manchmal auch nur einseitig grob zugehauen. Das letzte Verbindungsstück zum Stammrest oder Wurzelstock wurde fast immer abgebrochen oder nicht weiter bearbeitet. Die Pfähle wurden oft mit der Rinde verwendet, die Äste nur abgehauen, ohne die Aststummel zu glätten. Die Länge der Pfähle bzw. ihre Eindringtiefe in den Boden ist äußerst unterschiedlich. Pfahlstummel, von denen nur mehr die Spitze der Pfähle mit etwa 0,15 bis 0,20 m Länge erhalten blieb, stehen Pfähle von 2,60 m Länge gegenüber, die im Zuge der Grabung geborgen wurden. Bei Pfählen, die derart tief in den Untergrund getrieben wurden, muß vorausgesetzt werden, daß sie für eine hohe Beanspruchung gedacht waren. Als tragende Elemente für eine Dachkonstruktion muß ihre ursprüngliche Länge mit 4,5 bis 5,0 m angenommen werden. Es stellte sich die Frage, wie Pfähle dieser Länge ohne aufwendige Gerüstkonstruktion und Schlagvorrichtung in den Boden gesenkt worden waren. Das Profil des Suchschnittes zeigt Pfähle, die meist durch die Kulturschicht in den Untergrund reichen und beim Absenken Teile der Kulturschicht trichterförmig in die Seekreide mitgezogen haben. Auch das Planum der Seekreideoberfläche zeigt meist um die Pfähle herum Reste der Kulturschicht. Besonders auffällig war, daß diese Kulturschichtreste immer eine konzentrische Schichtung um die Pfähle herum aufwiesen, wie sie beim senkrechten Einschlagen von Pfählen kaum oder nur zufällig zustande kommen konnte. Eine derartige rindförmige Schichtung mußte aber entstehen, wenn die Pfähle statt eingeschlagen eingedreht worden waren. Durch das Anhängen schwerer Gewichte an stehengebliebene Aststummel dürfte es verhältnismäßig leicht gelingen, die Pfähle in den Untergrund zu bohren. Die mechanischen Eigenschaften der Seekreide kommen diesem Vorgang sehr entgegen.

Etwa ab dem neunten Meter des Profils zeigt die Kulturschicht eine deutlich ausgeprägte Schichtung und Einlagerungen von Lehmlinsen. Auf der Seekreideoberfläche lagert, scharf abgegrenzt, ein schmales, dicht gepacktes Band aus organischem Material. Darüber befinden sich, teils klar begrenzt, teils mit organischem Material vermengt, Linsen aus grauem, tonigem Lehm mit eingelagerten, „gebackenen“, nicht gebrannten Hüttenlehmresten. Der vorgefundene Hüttenlehm ist nicht wie üblich hart- oder rotgebrannt, sondern hat seine ursprüngliche, graue Farbe beibehalten. Die Brocken sind verfestigt, aber nicht gebrannt und zerfallen verhältnismäßig leicht. Die meist glatte Oberfläche der Lehmstücke ist schwarz bis schwarzbraun angeschmaucht, die Verfärbung zieht meist einige Millimeter unter die Oberfläche des Lehms.

Über den Lehmlinsen lagert wieder ein waagrecht geschichtetes Band aus organischem Material. Bis zum zwölften Meter ist die Schichtung teilweise durch eingetriebene Pfähle nach unten verzogen und verwürgt. Die Lehmlinsen wurden als Reste einer umgefallenen Wand angesprochen. Ab dem zwölften Meter ändert sich die Stratigraphie des nun steiler seewärts abfallenden Profils. Das der Seekreide aufliegende Paket aus organischem Material ist weiter nach unten hin scharf abgegrenzt, nach oben jedoch mit sandig-tonigem Material durchmischt, das in schräger Schichtung uferwärts ansteigt. Etwa ab 13,5 m lagert auf dieser Mischschicht ein verhältnismäßig scharf abgegrenztes Paket aus sandigem Lehm, das seewärts immer stärker mit kleinen Bruchsteinen und Kieseln vermengt ist. Ab 16 m fanden sich in diesem Stratum gehäuft Muschelschalen. Auf diesem Stratum liegt ein seewärts schmäler werdendes Band organischen Materials. In diese Kulturschicht eingelagert, meist aber flächig deckend, massiert zwischen 13–15 m, wurde grauer, toniger Lehm vorgefunden.

Die Lehmflächen bestanden wieder aus „gebackenen“, angeschmauchten Lehmbrocken in Versturzlage, die dem Planum, waagrecht geschnitten, ein „marmoriertes“ aussehen verliehen. In dieser Lehmfläche, besonders aber im Bereich eingelagerter Balken wurden faustgroße Ballen einer bestimmten Moosart gefunden. Dieses Moos (Neckera crispia) gedeiht nur in bestimmten Berglagen, wurde anscheinend gesammelt und vermutlich zum Stopfen von Fugen verwendet. Auf einer kleinen Fläche lagerten, parallel geschichtet, dünne Zweige in der Lehmpackung.

Zwischen 9,5 und 14,5 m wurden beim Tiefergehen innerhalb des Suchschnittes (Qu. J bis Qu. C) mehrere, sich kreuzende Balken freigelegt. Einige dieser Stämme sind durch Plöcke in Ausnehmungen in ihrer Lage fixiert, andere in nicht feststellbarem Ausmaß disloziert. Aus der stratigraphischen Lage der Balken ergeben sich eindeutig zwei Bauphasen. Der Befund der Lehmlinsen bestätigt diese Annahme. Die Balken der älteren Phase (9,5 m–10,5 m; Qu. J bis Qu. H) verlaufen schräg zur ehemaligen Uferlinie und liegen teilweise unmittelbar auf der Oberfläche der Seekreide, eingebettet in die Kulturschicht. Bei zwei kurzen, parallel liegenden Balken waren Nuten für senkrecht auf diese Balken verlaufende Auflieger ausgenommen worden. Ein Ende der beiden Balken wurde durch einen starken Pfahl, der nachträglich eingeschlagen worden war, in die Seekreide gedrückt und beide Balken dadurch geknickt. Ein weiter, ursprünglich wahrscheinlich im rechten Winkel abgehender Stamm wurde durch diesen Pfahl aus seiner Lage gedrückt, geknickt und wird von einem Pflock durchschlagen, der die Substruktion einer jüngeren Phase fixiert. Die über der älteren Kulturschicht aufgedeckten Lehmlinsen sind dieser älteren Phase zuzuordnen und stammen aller Wahrscheinlichkeit nach von der Wand der Hütte, der die beschriebenen Substruktionen zugehörten. Die vorgefundenen Unterzüge dürften das seeseitige Ende des Gebäudes kennzeichnen; uferwärts sind die Balken abgebrochen, sie enden am Rand des gestörten Bereiches.

Seeseitig lagert über der älteren Kulturschicht eine Mischzone aus organischem Material und Lehm, darüber eine deutlich ausgeprägte Schicht aus sandigem Lehm und Kies. Die Kulturschicht weist Anzeichen einer Ausschwemmung auf. Mischzone und Lehm-Kiesstratum wurden allem Anschein nach durch ein Ansteigen des Seespiegels eingeschwemmt und aufgelagert.

Nach einer neuerlichen Absenkung des Seespiegels wurde ein Balkenrost gelegt, der nun senkrecht zum ehemaligen Ufer ausgerichtet war. Die höher liegenden Balken des Rostes sind vermutlich durch Ausschwemmung etwas schräg verschoben. Im Bereich dieser Substruktionen lagerten teilweise 0,2–0,3 m starke Pakete organischen Materials. Eine zusammenhängende Schicht aus angeschmauchten Hüttenlehmbrocken mit eingelagertem Moos beweist, daß auch die Wand dieser Hütte seewärts umgekippt war. Weder die Substruktionen noch der Hüttenlehm weisen Brandspuren auf. Die Schmauchspuren können daher nur durch ein offenes Feuer im Inneren der Hütte an der Innenseite der Hüttenwand entstanden sein. Auch dieses Kultur-Lehmstratum weist Einflüsse einer Seetransgression auf.

Beide Hütten waren anscheinend in unmittelbarer Nähe des ursprünglichen Seeufers errichtet worden und liegen heute in einer Tiefe von rund 3,80 m (Abb. 16).

Scharfling

Die Siedlung Scharfling wurde im Jahre 1971 im Detail vermessen. Das gesamte Siedlungsniveau ist unterschiedlich stark von Geröll überlagert, die Kulturschicht nur mehr sehr schwach ausgeprägt. Die für Seeufersiedlungen typischen, in die Kulturschicht eingelagerten Substruktionen sind bis auf wenige Ausnahmen verloren gegangen. Das gesamte Siedlungsniveau ist von Ausschwemmungen betroffen. Im Nahbereich der Siedlung wurden Baggerungen für die Schottergewinnung durchgeführt. Die Route der Seeschiffahrt verlief nahe der Außengrenze der Siedlung. Das Ufer ist mit Steinmolen befestigt und der ehemalige Schilfgürtel nur im Westen der Siedlung mit Restbeständen erhalten. Die Siedlung ist in ihrem gesamten Bereich beeinträchtigt.

Mooswinkel

Die Station Mooswinkel nimmt unter den Feuchtbodensiedlungen eine Sonderstellung ein. Während andere Siedlungen ausschließlich auf dem flachen Uferschelf errichtet wurden, liegt die Anlage von Mooswinkel auf einem vom Uferschelf seewärts abfallenden Hang bis 8 m Wassertiefe. Die Station Mooswinkel repräsentiert den bisher einzigen „echten“ Pfahlbau in Österreich und wurde als Fährstation interpretiert. Eine Detailvermessung wurde im Jahre 1970 durchgeführt.

Wie die beiden anderen Siedlungen im Mondsee steht auch Mooswinkel bis heute nicht unter Denkmalschutz. Während in See und Scharfling zumindest die Uferparzellen geschützt wurden, ist auch dies in Mooswinkel unterblieben. Dadurch war es möglich, daß entlang des gesamten Siedlungsbereiches in den letzten Jahren eine Steinmole errichtet wurde.

Das Areal der meisten Seeufersiedlungen läuft mit Sicherheit unter die heutige Uferzone. Somit ist mit schweren Störungen des bisher ungestörten Siedlungsbereichs zu rechnen. Die Brechung der Wellen an der Mole wird zu Spätfolgen in Form von Ausschwemmungen führen (Abb- 17).

In den kommenden Jahren wird unmittelbar am Rand des oberflächlich sichtbaren Pfahlfeldes ein Rohrstrang der Ringkanalleitung verlegt. In diesem Bereich ist das Pfahlfeld vom Schotterkegel eines nicht mehr existenten Baches überschüttet und wurde daher von der Vermessung nicht erfaßt. Die Verlegung des Rohrstranges und die damit verbundenen Unterwasserbaggerungen führen unweigerlich zur Zerstörung eines bisher geschützten und ungestörten Siedlungsbereiches. Auch bei diesem Eingriff ist mit Spätfolgen in Form von Abschwemmungen zu rechnen.

Traunsee

Die Siedlungen des Traunsees wurden bisher kaum näher untersucht. Eine im Ausflußbereich festgestellte Siedlung muß als weitestgehend ausgeschwemmt und damit zerstört angesehen werden. Eine weitere Siedlung soll sich im Bereich des Schlosses Orth bzw. des Seebades befinden. Trotz mehrmaliger intensiver Absuche wurde die Siedlung bisher nicht gefunden. Möglicherweise wurde sie beim Bau des Seebades zerstört. Definitive Aussagen zur Situation am unteren Ende des Traunsees können aber erst nach Abschluß einer gezielten Bestandsaufnahme getroffen werden.

Nach Berichten aus Sporttaucherkreisen befindet sich südlich von Altmünster eine bisher unbekannte Pfahlbausiedlung. Auch diesen Meldungen konnte aus Zeit- und Personalmangel nicht nachgegangen werden, obwohl gerüchteweise verlautete, daß „die Siedlung aufgeräumt werden soll, bevor das Bundesdenkmalamt sie entdeckt und das Tauchen verbietet“.

Traunkirchen

Die Siedlung wurde von Sporttauchern entdeckt. Neben anderen Funden wurde ein vollständiges hallstattzeitliches Gefäß nach Deutschland verbracht. Der ufernahe Bereich der Siedlung wurde aufgeschüttet und mit einer Steinmole überbaut. Die gesamte Siedlung ist von Geröll überlagert, im Uferbereich werden durch Wellenschlag Keramikfragmente freigespült. Aus einer kleinflächigen, durch einen aufgelaufenen Dampfer verursachte Störung wurden Artefakte geborgen. Eine nähere Untersuchung der Siedlung war bisher nicht möglich. Der Fundplatz von Traunkirchen repräsentiert die bisher einzige hallstattzeitliche Seeufersiedlung Österreichs.

Wolfgangsee

Auch für den Wolfgangsee liegen von Sporttauchern Meldungen über Siedlungsplätze, vor allem im Ausflußbereich, vor. Eine Überprüfung dieser Meldungen und nähere Untersuchungen waren bisher nicht möglich.

Fuschlsee

Nach einem Bericht von M. Much liegt an der Westseite des Fuschler Schloßhügels eine von Menschenhand errichtete, kreisrunde Insel mit etwa 50 m Durchmesser, die durch einen schmalen Kanal vom Land getrennt ist. Der Boden der Insel besteht aus Ästen von Nadelholzbäumen, die mit den feinen Zweigen nach einwärts gekehrt, aufeinanderliegen. Die nach auswärts gekehrten Enden der Äste sind durch ringsum eingeschlagene Pfähle verbunden und gefestigt. Dieser Packwerkbau wurde im Rahmen der Bestandsaufnahme nach langer Suche wiederentdeckt und vermessen. Während M. Much noch vermerkte, daß die Oberfläche der Insel beim Anschwellen des Sees überflutet wird, ist die Anlage heute fast völlig verlandet und der sie vom Ufer trennende Kanal nur mehr durch eine Feuchtzone kenntlich. Die Insel selbst trägt bereits einen ausgewachsenen Baumbestand. Durch den Verlandungsprozeß und den Bewuchs der Inseloberfläche tritt ein Humusierungsvorgang ein, der unweigerlich zur Zerstörung der Insel führt. Die Ursachen liegen möglicherweise in einer Seespiegelabsenkung, aber auch in Planien im Landbereich.

Der Fuschler Packwerkbau ist sowohl von seiner Bausubstanz her wie auch in der Zeitstellung (VRI-579 Fuschlsee 1/76 = 1430±90 = 520 AC) einzigartig in Österreich.

Hafnersee

Die Siedlung im Hafnersee wurde durch Taucher des Bundesdenkmalamtes entdeckt. Weitere Untersuchungen waren bisher nicht möglich. Der Fundplatz war nach verläßlichen Berichten in den vergangenen Jahren Plünderungen durch Sporttaucher ausgesetzt.

Keutschacher See

Die einige Inselsiedlung Österreichs im Keutschacher See wurde 1951/52 von G. Mossler vermessen und in der Folge unter Denkmalschutz gestellt. 1974 wurde die Siedlung von einer Tauchergruppe des Bundesdenkmalamtes kontrolliert und in gutem Zustand vorgefunden. In der Zwischenzeit haben Sporttaucher die Siedlung vollständig ausgeplündert und zerstört. Die Kulturschicht ist fast vollständig abgetragen. Die meisten noch sichtbaren Pfahlrelikte stammen von einem mittelalterlichen Bauwerk. Nach einer Mitteilung eines Mitarbeiters des Limnologischen Institutes in Mondsee ist auch die Sedimentstratigraphie teilweise bis einen Meter Tiefe völlig gestört.

Außerhalb der Insel wurden aus größerer Tiefe noch einige wenige Funde aus einer ehemaligen Hangrutschung geborgen.

Zusammenfassung der Zerstörungen (je Siedlung)

Erhaltungszustand der Pfahlbausiedlungen

Als ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung des Zustandes einer Feuchtbodensiedlung wurde der Erhaltungszustand der Kulturschicht herangezogen. Mit der Zerstörung der Kulturschicht gehen auch die eingelagerten, wesentlichen Konstruktionselemente einer Feuchtbodensiedlung – Grundschwellen und Unterzüge – verloren.

Zur größtmöglichen Schonung und Erhaltung der Unterwasserdenkmale werden von der Abteilung für Bodendenkmale des BDA nur Umrissvermessungen und Oberflächendokumentationen vorgenommen. Hinweise auf Störungen durch Raubtaucher oder Dampfschiffe wurden erst durch die konsequente Durchführung der Bestandsaufnahme durch den UTC-Wels möglich.

Bisher wurden in den österreichischen Seen 29 prähistorische und historische Objekte lokalisiert. Seewalchen I und II und Kammer I werden vorbehaltlich der Ergebnisse der noch durchzuführenden Umrissvermessungen als drei gesonderte Siedlungen geführt. Litzlberg Nord III ist noch fraglich und wurde in diese Aufstellung nicht aufgenommen.

Von diesen 29 Siedlungen müssen 9 als zerstört oder schwer beeinträchtigt gelten: Seewalchen I und II und Kammer I, Litzlberg, Unterbuchberg, Attersee im Attersee; Gmunden Ausfluss und Seebad Gmunden im Traunsee; die Inselsiedlung Keutschacher See in Kärnten.

12 Siedlungen sind in Teilbereichen bereits beeinträchtigt: Seewalchen III, Aufham, Abtsdorf II und II, Misling I und II, Weyregg I im Attersee; See, Scharfling und Mooswinkel im Mondsee; Traunkirchen im Traunsee und der Fuschler Packwerkbau.

Nur 8 Siedlungen sind verhältnismäßig ungestört: Im Attersee Litzlberg Nord I und II, Litzlberg Süd, Aufham II, Abtsdorf I, Nußdorf, Weyregg II; in Kärnten die Siedlung im Hafnersee.

Die Erforschung der Feuchtbodensiedlungen in Österreich steht in den Anfängen. Einwandfreie wissenschaftliche Ergebnisse können nur künftige Trockenlegungen größerer Siedlungsareale erbringen. Diese Methode wird in der Schweiz und in Frankreich seit Jahren mit Erfolg angewandt. Jedoch nicht jede Siedlung ist durch ihre Lage im See für eine Trockenlegung geeignet. Die Auswahl an ungestörten Objekten ist bereits jetzt auf eine geringe Zahl verhältnismäßig kleiner Siedlungen beschränkt. Werden in Zukunft nicht alle Möglichkeiten zur Erhaltung dieser erstrangigen Kulturdenkmale ausgeschöpft, ist ihr vollständiger Verlust für die Forschung nur eine Frage der Zeit (Abb. 19).

Die Ursachen und Wirkungen der Zerstörungen

Die Pfahlbauten haben die natürlichen Einwirkungen über 5ooo Jahre überdauert. Grloßflächige Ausschwemmungen sind meist die direkte oder indirekte Folge menschlichen Eingreifens in den Strömungsmechanismus der Seen. Das erfordert ständige Kontrollen. Erosion und Aufschüttungen im Uferbereich, Bacheinmündungen und Strömungen im Ausflussbereich der Seen können Teile von Siedlungen mit mächtigen Steinlagen überschütten.

Die ehemaligen Seeufer mit Bäumen und Schilfgürteln verhinderte die Bodenerosion und die Wucht der Wellen wurde am Ufer sanft gebrochen und eine Abrasion des Untergrundes verhindert. Auwald und Schilfgürtel sind großteils verschwunden. Molen, Aufschüttungen und Bade- und Bootsstege tragen zur Vernichtung dieser Bestände bei. Ausgedehnte Reste von Schilfgürteln wurden von den Tauchern im Bereich Litzlberg, Dickaumühle, Aufham, Abtsdorf und Nußdorf festgestellt. Zwischen diesem Schilfsterben und dem beschleunigten Abbau von Deck- und Kulturschichten besteht ein direkter Zusammenhang. Das Fehlen der Schilfzone äußert sich in einer raschen Aushöhlung und Erosion der Uferkante, verbunden mit einer Abrasion der ufernahen Kulturschichten der Siedlungen. In der Folge wird der Bau von Molen zum Schutz der Ufer notwendig.

Die konzentrierte Wirkung von Anlegestellen der Schifffahrt auf die Abrasion ist bekannt. Weitere Einwirkungen sind Baggerungen und Bojen sowie der Tauchsport.

Die Schutzmaßnahmen

Unmittelbare Einwirkungen

Baggerungen und Plünderungen können durch das Denkmalschutzgesetz und Tauchverbotszonen verhindert werden.

Mittelbare Einwirkungen

Diese beziehen sich auf Eingriffe im Nahbereich der Siedlungen wie Schleusenanlagen, Schiffsverkehr, Ringkanalleitungen, Baggerungen und Uferverbauungen. Sie können aber durch das Denkmalschutzgesetz nicht direkt verhindert werden, sondern müssen durch andere Regelungen in den Griff bekommen werden.

Offenbergers Resümee und Forderungen

Die österreichische Unterwasserdenkmalpflege lebt vom persönlichen Engagement einer kleinen Gruppe von Sporttauchern. Die technische Ausrüstung ist fast zur Gänze Privateigentum oder wurde im „Eigenbau“ hergestellt. Dieser „Pionierphase“ dauert nun schon über fünfzehn Jahre an.

Auch die Mitarbeit naturwissenschaftlicher Disziplinen – ein „Muß“ bei der Untersuchung von Feuchtbodensiedlungen – konnte bisher keine gesicherte Basis gefunden werden, obwohl erstmals acht Wissenschaftler verschiedenster Forschungszweige an den Untersuchungen teilhaben.

Die bisherigen Erfolge, die Lokalisierung und kartographische Aufnahme einer großen Zahl von urgeschichtlichen Fundplätzen, von römischen über mittelalterliche bis frühneuzeitliche Objekte darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß nur ein Bruchteil der Unterwasserkulturgüter Österreichs bisher erfaßt wurde und daß der beschleunigten Zerstörung dieser Objekte damit noch lange nicht Einhalt geboten ist.

In den an Denkmalen reichen Gewässern Österreichs kann auf Dauer nicht sinnvoll Denkmalpflege betrieben werden, ohne der Unterwasserarchäologie ihren festen Platz innerhalb der Denkmalpflege zuzuweisen, wie dies die schweizerische, deutsche, französische und polnische Denkmalpflege in der Binnengewässerarchäologie seit Jahren praktiziert. Im benachbarten Ausland werden Millionenbeträge in die Erhaltung und Erforschung von Unterwasserkulturgütern investiert. Die lakonische Feststellung einer Landesinstitution, „daß die Tauchgrabungen im oberösterreichischen Seengebiet einmal beendet werden müssen, da kaum mehr entscheidende neue Erkenntnisse zu erwarten sind“, beleuchtet schlaglichtartig die Situation in Österreich.

Die Feuchtbodensiedlungen Österreichs haben fast fünf Jahrtausende am Seeboden unbeschadet überstanden. Die Veränderung der Umwelt als Folge technischen Fortschritts, Unwissenheit und Sammelleidenschaft haben diese wertvollsten urgeschichtlichen Denkmale binnen eines Jahrhunderts der völligen Zerstörung nahegebracht. Gelingt es nicht, weitere Zerstörungen zu verhindern, sind die meisten der Unterwasserkulturgüter innerhalb der nächsten Jahrzehnte für die Forschung verloren.