Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt.: Unterschied zwischen den Versionen

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Offenberger hebt die '''''archäologischen Qualitäten der Pfahlbaustationen''''' mittels Zitat von Sacken '''''weit über jene anderer archäologischer Funde:''''' „Bei dem Umstande, daß sich unsere Kenntnis der Zustände der ältesten Bevölkerung Mitteleuropas fast ausschließlich auf die Überreste, welche durch Funde zu Tage gefördert werden, gründet, verdient diese Entdeckung umso größere Beachtung, als die Auffindung der alten Wohnsitze mit ihren zahlreichen Artefakten, Resten der Wohnungen und Nahrungsmittel ein vollständigeres Bild der gesamten Lebensweise, der gewerblichen Tätigkeit, der Handelsverbindungen, kurz der Kulturstufe darstellt, als selbst die sonst so lehrreichen Gräberfunde.“ Kürzer und treffender ist die Bedeutung dieser Siedlungen nicht darzustellen.
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Die Kulturschicht birgt eine Fülle von Funden, unter denen '''''Beilschäftungen, Holzgefäße, Gewebe-, Schnur- und Netzfragmente, Speisereste und Früchte''''' bis hin zu vollständig erhaltenen '''''Blättern und Samen''''' einzigartige Aussagen ermöglichen. Die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Disziplinen wie '''''Palynologie, Zoologie, Paläobotanik, Petrographie und Sedimentologie''''' in die Untersuchung der Siedlungen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung des Beziehungsgefüges zwischen Umwelt und Menschen, der vegetations- und siedlungsgeschichtlichen Entwicklung des Salzkammergutes über einen Zeitraum von 3000 v. Chr. bis in die frühe Völkerwanderungszeit.
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Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren im Mondsee, Attersee und Traunsee eine Zahl von Siedlungen bekannt, der Lage jedoch nie kartographisch erfaßt worden war. Der Forschungsstand war unübersichtlich und verwirrend. Alle Vermessungsversuche scheiterten an untauglichen Mitteln. Die Anzahl der Siedlungen ist bis heute umstritten. Die gebräuchlichen Untersuchungsmethoden, meist Baggerungen von Booten aus, wurden in der Folge schlicht als „Raubbau mit der Baggerschaufel“ verurteilt.
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Im Jahre 1969 erreichten das Bundesdenkmalamt Meldungen über Plünderungen von Pfahlbausiedlungen durch Sporttaucher. 1970 begann daher die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes mit eigenen Untersuchungen im Sinne einer systematischen Bestandsaufnahme aller historischen Objekte im Unterwasserbereich.
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Das Ziel der Untersuchungen des Bundesdenkmalamtes ist in erster Linie die Erhaltung und der Schutz des Unterwasserkulturerbes, sowie die Dokumentation gefährdeter Siedlungen ohne wesentliche Eingriffe in den Siedlungsbestand. Die Erforschung der Siedlungen soll künftigen Projekten – Ausgrabungen in trockengelegten Bereichen – vorbehalten bleiben. Die Oberflächendokumentationen halten nicht nur den derzeitigen Bestand fest, sie liefern Entscheidungsgrundlagen für spätere Forschungen. Die konsequente und systematische Arbeit der vergangenen fünfzehn Jahre führte zu außerordentlichen Erfolgen. Im Mondsee wurde in der Bucht von Mooswinkel ein bisher unbekannter Pfahlbau entdeckt. Wieder aufgefunden wurde die als ausgebaggert gegoltene Siedlung von Scharfling.
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Seit 1976 führt ein oberösterreichischer Tauchklub, der UTC Wels, in selbständiger Arbeit die Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes in den Salzkammergutseen durch. Die erzielten Ergebnisse sind einmalig in der Binnenwasserarchäologie Mitteleuropas. (Abtsdorf II und III, Aufham II, Nußdorf, Litzlberg, Litzlberg Nord I und II und Kammer), eine mittelbronzezeitliche Siedlung (Abtsdorf I), eine römische Hafenanlage (Weyregg), eine Siedlung der römischen Kaiserzeit (Unterbuchberg), mittelalterliche Pfahlsetzungen um Schloß Litzlberg (11. Jh. n. Chr.) und ein Blockbau des 17. Jhs. Im Irrsee wurden entdeckt. Eine verschollene neolithische Siedlung im Attersee (Litzlberg Süd) wurde wieder aufgefunden. Von den nunmehr bekannten 21 Siedlungen im Attersee wurden erst 13 kartographisch erfaßt und im Umriß vermessen.
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Die vorliegende Zusammenfassung der Ergebnisse aus fünfzehn Jahren Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes durch die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes beweist den bewundernswerten Einsatzwillen österreichischer Sporttaucher als Träger dieses Unternehmens. Einzigartig sind auch die von diesen freiwilligen Mitarbeitern erzielten Ergebnisse. Das Resumee fünfzehnjähriger Tätigkeit müßte zu Hochstimmung Anlaß geben, würden die Untersuchungen nicht gleichzeitig das erschreckende Ausmaß an Zerstörungen dokumentieren.
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==Die Zerstörungen==
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Die Bestandsaufnahme der Unterwasserkulturgüter hat bisher nur einen Teil der archäologischen und historischen Hoffnungsgebiete erfaßt. Eine umfassende Aufnahme der Siedlungsrelikte in den österreichischen Seen wird noch Jahrzehnte andauern. In der Erforschung der Seeufersiedlungen wurden erste Grundlagen erarbeitet und ein Anfang gesetzt. Die durchgeführten Untersuchungen erlauben aber bereits eine kritische Beurteilung des derzeitigen Zustandes der Siedlungen, der Ursachen, die diesem Zustand zugrunde liegen und der ungewöhnlichen und schwierigen Probleme, vor die die Bodendenkmalpflege gestellt ist.
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===Attersee===
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Das Westufer des Attersees wurde bis zum Ausfluß fast zur Gänze abgesucht. Eine nähere Untersuchung der Siedlungen im Ausflußbereich und eine Umrißvermessung stehen noch aus. Am Ostufer des Attersees wurde nur eine Siedlung in der Bucht von Kammer (Kammer II) und die Siedlung Weyregg I im Umriß vermessen.

Version vom 4. Juli 2024, 19:57 Uhr

Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt.

Offenberger 1986, Johann: Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke, Bodendenkmale in einer modernen Umwelt. Archäologia Austriaca 70, 1986:205–226.
Exzerpt im wissenschaftlichen Sinn gem. § 42 f (1) Z 1 u. 3 UrhG

Einleitung

Offenberger hebt die archäologischen Qualitäten der Pfahlbaustationen mittels Zitat von Sacken weit über jene anderer archäologischer Funde: „Bei dem Umstande, daß sich unsere Kenntnis der Zustände der ältesten Bevölkerung Mitteleuropas fast ausschließlich auf die Überreste, welche durch Funde zu Tage gefördert werden, gründet, verdient diese Entdeckung umso größere Beachtung, als die Auffindung der alten Wohnsitze mit ihren zahlreichen Artefakten, Resten der Wohnungen und Nahrungsmittel ein vollständigeres Bild der gesamten Lebensweise, der gewerblichen Tätigkeit, der Handelsverbindungen, kurz der Kulturstufe darstellt, als selbst die sonst so lehrreichen Gräberfunde.“ Kürzer und treffender ist die Bedeutung dieser Siedlungen nicht darzustellen.

Die Kulturschicht birgt eine Fülle von Funden, unter denen Beilschäftungen, Holzgefäße, Gewebe-, Schnur- und Netzfragmente, Speisereste und Früchte bis hin zu vollständig erhaltenen Blättern und Samen einzigartige Aussagen ermöglichen. Die Einbeziehung naturwissenschaftlicher Disziplinen wie Palynologie, Zoologie, Paläobotanik, Petrographie und Sedimentologie in die Untersuchung der Siedlungen leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erforschung des Beziehungsgefüges zwischen Umwelt und Menschen, der vegetations- und siedlungsgeschichtlichen Entwicklung des Salzkammergutes über einen Zeitraum von 3000 v. Chr. bis in die frühe Völkerwanderungszeit.

Die optimalen Erhaltungsbedingungen unter Wasser haben ein Zustandsbild konserviert, das bei aller technischen und wissenschaftlichen Akribie bei Landgrabungen nie erarbeitet werden kann.

Die Bestandsaufnahme

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren im Mondsee, Attersee und Traunsee eine Zahl von Siedlungen bekannt, der Lage jedoch nie kartographisch erfaßt worden war. Der Forschungsstand war unübersichtlich und verwirrend. Alle Vermessungsversuche scheiterten an untauglichen Mitteln. Die Anzahl der Siedlungen ist bis heute umstritten. Die gebräuchlichen Untersuchungsmethoden, meist Baggerungen von Booten aus, wurden in der Folge schlicht als „Raubbau mit der Baggerschaufel“ verurteilt.

Im Jahre 1969 erreichten das Bundesdenkmalamt Meldungen über Plünderungen von Pfahlbausiedlungen durch Sporttaucher. 1970 begann daher die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes mit eigenen Untersuchungen im Sinne einer systematischen Bestandsaufnahme aller historischen Objekte im Unterwasserbereich.

Das Ziel der Untersuchungen des Bundesdenkmalamtes ist in erster Linie die Erhaltung und der Schutz des Unterwasserkulturerbes, sowie die Dokumentation gefährdeter Siedlungen ohne wesentliche Eingriffe in den Siedlungsbestand. Die Erforschung der Siedlungen soll künftigen Projekten – Ausgrabungen in trockengelegten Bereichen – vorbehalten bleiben. Die Oberflächendokumentationen halten nicht nur den derzeitigen Bestand fest, sie liefern Entscheidungsgrundlagen für spätere Forschungen. Die konsequente und systematische Arbeit der vergangenen fünfzehn Jahre führte zu außerordentlichen Erfolgen. Im Mondsee wurde in der Bucht von Mooswinkel ein bisher unbekannter Pfahlbau entdeckt. Wieder aufgefunden wurde die als ausgebaggert gegoltene Siedlung von Scharfling.

Seit 1976 führt ein oberösterreichischer Tauchklub, der UTC Wels, in selbständiger Arbeit die Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes in den Salzkammergutseen durch. Die erzielten Ergebnisse sind einmalig in der Binnenwasserarchäologie Mitteleuropas. (Abtsdorf II und III, Aufham II, Nußdorf, Litzlberg, Litzlberg Nord I und II und Kammer), eine mittelbronzezeitliche Siedlung (Abtsdorf I), eine römische Hafenanlage (Weyregg), eine Siedlung der römischen Kaiserzeit (Unterbuchberg), mittelalterliche Pfahlsetzungen um Schloß Litzlberg (11. Jh. n. Chr.) und ein Blockbau des 17. Jhs. Im Irrsee wurden entdeckt. Eine verschollene neolithische Siedlung im Attersee (Litzlberg Süd) wurde wieder aufgefunden. Von den nunmehr bekannten 21 Siedlungen im Attersee wurden erst 13 kartographisch erfaßt und im Umriß vermessen.

Die vorliegende Zusammenfassung der Ergebnisse aus fünfzehn Jahren Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes durch die Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes beweist den bewundernswerten Einsatzwillen österreichischer Sporttaucher als Träger dieses Unternehmens. Einzigartig sind auch die von diesen freiwilligen Mitarbeitern erzielten Ergebnisse. Das Resumee fünfzehnjähriger Tätigkeit müßte zu Hochstimmung Anlaß geben, würden die Untersuchungen nicht gleichzeitig das erschreckende Ausmaß an Zerstörungen dokumentieren.

Die Zerstörungen

Die Bestandsaufnahme der Unterwasserkulturgüter hat bisher nur einen Teil der archäologischen und historischen Hoffnungsgebiete erfaßt. Eine umfassende Aufnahme der Siedlungsrelikte in den österreichischen Seen wird noch Jahrzehnte andauern. In der Erforschung der Seeufersiedlungen wurden erste Grundlagen erarbeitet und ein Anfang gesetzt. Die durchgeführten Untersuchungen erlauben aber bereits eine kritische Beurteilung des derzeitigen Zustandes der Siedlungen, der Ursachen, die diesem Zustand zugrunde liegen und der ungewöhnlichen und schwierigen Probleme, vor die die Bodendenkmalpflege gestellt ist.

Attersee

Das Westufer des Attersees wurde bis zum Ausfluß fast zur Gänze abgesucht. Eine nähere Untersuchung der Siedlungen im Ausflußbereich und eine Umrißvermessung stehen noch aus. Am Ostufer des Attersees wurde nur eine Siedlung in der Bucht von Kammer (Kammer II) und die Siedlung Weyregg I im Umriß vermessen.